Bürgermeister Klaus Meixner hatte mit dem Neubau der Kläranlage und Kiesabbau zwei große Projekte, über die er bei der Bürgerversammlung vor rund 200 Interessierten zu berichten hatte. Auf seiner Agenda standen zudem Themen, wie der Ausbau des ÖPNVs die Verkehrsüberwachung, der Glasfaserausbau, die Auflösung der Sport& Tourismus GmbH und der Gasthof Moar in Wilparting. Auch die Irschenberger Bürgerschaft kam im Trachtenheim zu Wort.
Irschenberg steht gut da. Die Gemeinde kann mit der Haushaltslage zufrieden sein. Die Einnahmen lagen 2022 bei knapp 7 Millionen Euro, wovon 3.890.361,16 € auf Gewerbesteuern, 2.147.666,00 € auf Einkommenssteuern und 302.904,73 € auf Grundsteuern entfielen - die drei wichtigsten Einnahmequellen. Dem gegenüber stehen im gleichen Jahr 2.427.126 € gezahlte Kreisumlage, die 2023 voraussichtlich auf 2.740.500 € steigen wird. Auch das Gesamtvolumen des Haushalts 2023 steigt 2023 auf 15.740.150 € nach 14.107.300 € im Vorjahr. Die Haushaltplanung für 2023 sieht eine Kreditaufnahme in Höhe von 741.300 € vor.
Die mit 32 Geburten weiterhin kinderreiche Gemeinde wächst leicht und hat derzeit 3.318 Einwohner mit einem Hauptwohnsitz und 187 mit einem Zweitwohnsitz. Um die kümmern sich 23 Mitarbeitende der Gemeinde, darunter jeweils fünf im Rathaus und Bauhof. Drei Mitarbeiterinnen arbeiten im Kindergarten Spatzennest in Niklasreuth, wo sie 24 Kinder betreuen. 164 Krippen-, Kindergarten- und Hortkinder finden im Caritas Kinderhaus Farbenfroh einen Platz, das gerade einen durch Spenden finanzierten neuen Außenbereich mit Bewegungsparcours und eine asphaltierte Spielfläche zum Kettcar-Fahren erhält. Ein Großteil der Mädchen und Buben gehen nach ihrer Kindergartenzeit direkt in die Grundschule vor Ort, in der 112 Schülerinnen und Schüler von 9 Lehrkräften unterrichtet werden.
In seinem Bericht ging der Bürgermeister auf erfolgten Personalwechsel im Bauhof, Klärwerk und in der Verwaltung ein. In die anstehende Altersteilteilzeit verabschiedet wurde nach 22 Jahren im Klärwerk Hans Schmid, dessen Einsatz mit großem Applaus gewürdigt wurde. Offiziell im Amt begrüßte er den neuen Geschäftsleiter Michael Fellner. Klaus Meixner dankte auch der Belegschaft im Rathaus, die die frühe Öffnungszeit täglich um 6:15 Uhr mitträgt, die von der Bevölkerung gut angenommen und honoriert wird. Ferner betonte er die Wichtigkeit der Bauhofmitarbeiter, die im Gemeindegebiet u.a. 100 km Straßen und sechs Kinderspielplätze kontrollieren und in stand halten. Dafür wurden ein neuer PKW und ein Mehrzweckfahrzeug beschafft, die mit 140.000 € zu Buche schlugen. Allein der Winterdienst 2022/2023 verursachte neben der Eigenleistung des Bauhofs externe Kosten von rund 113.700 €.
Die Gemeinde hat mit Irschenberg, Niklasreuth und Reichersdorf drei freiwillige Feuerwehren mit 143 Dienstleistenden. Meixner sprach den Freiwilligen seinen Dank für 194 Einsätze und ihren wichtigen Dienst an der Allgemeinheit aus. Dieser ist Irschenberg auch einiges wert. 78.500 € investierte die Gemeinde in einen neuen Mannschaftstransportwagen und Verkehrssicherungsanhänger, der auf der A8 schwer beschädigt worden war. Finanzielle Unterstützung kam vom Feuerwehrverein. Zudem gab es Zuwendungen in Höhe von 20.500 €.
Kritisch gesehen wird von Teilen der Bevölkerung noch das Vorhaben, Kiesvorkommen im Gemeindegebiet Oberhasling abzubauen. Um möglichst viele Fragen der Anwesenden zu beantworten, erläuterte der Bürgermeister, warum die Gemeinde keine Handhabe hat, dieses privilegierte Vorhaben nach dem Baugesetzbuch zu verhindern und sich deshalb entschloss, den Kiesabbau in geregelte und rechtssichere Bahnen zu lenken. Dazu wurde bereits am 26.07.21 die Änderung des Flächennutzungsplans beschlossen. In der Folge wurde ein Kriterienkatalog erstellt, die Potentialflächen ermittelt und deren Potentiale durch Ingenieurbüros abgeschätzt. Bei einem gemeinsamen Scopingtermin bei der zuständigen Genehmigungsbehörde, dem Landratsamt Miesbach, mit dem Ingenieurbüro und dem beauftragten Rechtsanwalt empfahl dieser, die Abstandsfläche zur Wohnbebauung bei 100 m und zu Weiler, Gehöfte bei 50 m festzulegen. Der Kriterienkatalog wurde vom Gemeinderat am 17.04.23 beschlossen. Der Rathauschef wies darauf hin, dass zum Schutz der Anwohner andere Maßnahmen wichtig sind, wie die Errichtung eines Schutzwalls von 3m Höhe als die reine Entfernung zur Kiesgrube. Ferner laufe die Verhandlung eines städtebaulichen Vertrags mit dem Betreiber, um z.B. Ortsdurchfahrten möglichst verträglich zu regeln. Der Flächennutzungsplan befinde sich weiterhin im laufenden Änderungsverfahren.
Beim Klimaschutz und der Energiewende möchte die Gemeinde vorangehen und die Bürgerschaft und Gewerbebetriebe motivieren, die Ökobilanz zu verbessern. Dazu liefert der neue EnergieMonitor detaillierten Aufschluss über die Energiebilanz im Ort. Auf der online einsehbaren Plattform auf der Website der Gemeinde sieht man, wie viel Strom aktuell erzeugt und verbraucht wird.
Auch beim Neubau der Kläranlage in Irschenberg setzt die Gemeinde auf Nachhaltigkeit und modernste Technologien, um Mensch und Umwelt bestmöglich über die nächsten Jahrzehnte zu schützen. Dazu folgte die Präsentation des Neubaus der Kläranlage aus dem Jahr 1980 durch Alexander Schulz-Pflugbeil, Vertreter der Planungsgemeinschaft Dünser.Aigner.Kollegen Ingenieurplanungsgruppe GmbH und Enwacon Engineering GmbH & Co. KG Der Ingenieur ging in seinem 45-minütigen Vortrag bereits auf die Fragen ein, die im Vorfeld der Versammlung von der Bürgerschaft eingereicht worden war. Bei der Vorstellung des Planungsstands wies er auf die Notwendigkeit einer 4. Reinigungsstufe hin. Diese sei notwendig, um die Abwässer der Kläranlage durch einen Bodenfilter im Ablauf in den Schwamhamer Graben zu reinigen, damit Quellwassercharakter gemäß der Wasserrahmenrichtlinien der EU erreicht werden kann.
Dies wird durch die zusätzliche Implementierung einer granulierten Aktivkohleschicht (GAK) erreicht, durch die Mikroschadstoffe, wie Mikroplastik, Arzneimittelrückstände adsorbiert werden. Ein naturnahes, wirtschaftliches und innovatives Verfahren aus Sicht des Planers. Schulz-Pflugbeil machte bei der Gegenüberstellung der Kosten deutlich, dass der Anteil der Eigenkosten der Gemeinde mit 203.290 € bei dem modernen Bodenfilter mit GAK niedriger ausfallen würde als mit einem Bodenfilter ohne GAK (i. Vgl. 382.040 €), da die Gemeinde für den Einsatz dieser Technologie den vom Bayerischen Umweltministerium verliehenen Innovationspreis in Höhe von 500.000 € bekommt. Der Preis zeichnet wegweisende kommunale Projekte und neue Konzepte für die Abwasserentsorgung der Zukunft aus. Nach Berechnung der Experten belaufen sich die Baukosten inklusive Baunebenkosten und abzüglich des Innovationspreises auf 8,2 Mio €. Die Inbetriebnahme des letzten Bauabschnitts ist im Dezember 2026 geplant. Abschließend wies er darauf hin, dass während der Betriebszeit des neuen Klärwerks wahrscheinlich die Umweltauflagen verschärft werden, umso wichtiger sei es, jetzt die Weichen für eine zukunftsfähige Technologie zu stellen.
Im Anschluss stellte Klaus Meixner eine Musterberechnung vor, wie die Kosten auf die 1.531 angeschlossenen Einwohner in Irschenberg, Niklasreuth und Radthal umgelegt werden könnten. Dabei folgt er einer Empfehlung des Gemeindetags und des Landratsamts, die eine Umlage zur Hälfte über Gebühren und zur anderen Hälfte über einen sogenannten Verbesserungsbeitrag vorsieht. Für die Anschlussnehmer wird dabei der Verbesserungsbeitrag für die Anlage zur Schmutzwasserentsorgung aus den Geschossflächen berechnet, da nur dort Schmutzwasser entsteht. Bei einem Verbesserungsbeitrag von 20,39 €/qm entstehen beispielsweise Kosten von 4077,12 € für eine DHH mit 200 qm, 7.134,96 € für ein EFH mit 350 qm. Gewerbebetriebe werden z.B. bei 2.048 qm Geschossfläche mit 41.749,63 € und bei 9.367 qm mit 190.951,82 € belastet.
Damit wurde um 22:30 Uhr nach drei Stunden die Fragerunde eröffnet. Drei Personen aus dem Gemeindebereich hatten dazu fristgerecht Anträge eingereicht. Zudem kamen im Vorfeld von 13 Einwohnern zum Teil bis zu 30 Fragen im Rathaus an. In Anbetracht der fortgeschrittenen Uhrzeit unterbreitete der Bürgermeister den Vorschlag, die drei Anträge in einer öffentlichen Gemeinderatssitzung zu behandeln. Dieser wurde vom Auditorium in einer Abstimmung angenommen. Insbesondere zum Klärwerkbau und der Umlage der Kosten gab es noch Gesprächsbedarf und Ingenieur Schulz-Pflugbeil stellte sich den Fragen. In einer anschließend stellenweise kontrovers geführten Diskussion wurde der Rathauschef von einer Bürgerin aufgefordert, die eingereichten Fragen zu beantworten. Dies führte dazu, dass Klaus Meixner unterstützt durch Geschäftsleiter Michael Fellner die weit über 100 Fragen der Reihe nach abarbeiteten, wenngleich viele im Laufe des Abends hingehend beantwortet zu sein schienen. Als zunehmend Unruhe im Raum entstand, das Interesse schwand, was sich darin äußerte, dass viele nach Hause gingen, schlug der Bürgermeister vor, die Fragen schriftlich zu beantworten und auf der Website zu veröffentlichen. Als auch dies in der Runde abgestimmt und angenommen wurde, konnte der Bürgermeister um Mitternacht die Bürgerversammlung beenden.
Bild und Text: Florian Lintz, bfl-relations.de