In seiner öffentlichen Sitzung am 17. April 2023 informierte der Irschenberger Gemeinderat über den aktuellen Stand in Sachen geplanter Kiesabbau in Oberhasling und beschloss einen Kriterienkatalog, der den Schutz der Menschen, der Natur und der Landschaft definiert.
Die Firma Hafner Beton GmbH & Co. KG aus Rosenheim war 2021 auf die Gemeinde mit dem Gesuch zugekommen, auf rund 85.000 Quadratmeter eine neue Kiesgrube zu erschließen. Ein Vorhaben, das die Gemeinde durchaus kritisch sah, um seine Bürgerinnen und Bürger sowie seine Landschaft zu schützen. Eine richtige Handhabe gegen das Vorhaben haben die Irschenberger Gemeinderäte allerdings nicht. Da es sich bei Kies und Sand um Bodenschätze handelt, gilt die Gewinnung im Baugesetzbuch als privilegiertes Vorhaben, das im Außenbereich ohne größere Hürden genehmigungsfähig ist.
Denn auch Bayern hat einen sehr hohen Bedarf an Kies und Sand, der zu den wichtigsten Rohstoffen gehört und ohne den Hoch- und Tiefbau nicht möglich ist. Deshalb bedeutet, Kies zu haben, umgangssprachlich so viel wie reich sein. Und im Voralpenland ist dieser Massenrohstoff zu finden. Die Gletscher, die sich in der Eiszeit bildeten, brachten Geröll aus den Alpen talabwärts in unsere Region. Sie schoben mit großer Kraft einen Wall von kantigen Gesteinen, die sogenannten Moränen, vor sich her. Dabei wurde das Gestein zerkleinert und über tausende Jahre immer mehr abgerundet bis Kies entstand.
Die Entscheidung, ob eine neue Kiesabbaufläche ausgewiesen wird, trifft nicht die Gemeinde, sondern das zuständige Landratsamt. Die Gemeinde muss lediglich am Verfahren beteiligt werden. Verweigern sie ohne rechtlich triftigen Grund ihre Zustimmung, kann das Landratsamt die Entscheidung aufgrund der Privilegierung wieder einkassieren. Die Gemeinde würde damit womöglich rechtswidrig handeln.
Da sich der Kiesabbau somit nicht komplett verhindern ließ, wollte die Gemeinde ihn zumindest in geregelte Bahnen lenken und setzte auf eine zweigleisige Strategie, betonte Hans Maier (FDP/Aktive Bürger), um sich alle Optionen offen zu halten. In seinem Bestreben, einen Kiesabbau in Oberhasling zumindest zu steuern, beschloss der Gemeinderat, zum einen mit dem regionalen Antragsteller über einen städtebaulichen Vertrag zu verhandeln. Darin ließen sich die Konditionen für den Kiesabbau festschreiben - etwa die Abstandsflächen, Betriebszeiten und sofern der Vertragspartner zustimmt die Anzahl der Lkw-Fahrten.
Zum anderen hatte die Gemeinde Voruntersuchungen durch Experten beauftragt in Form einer Machbarkeitsstudie für potenzielle Konzentrationsflächen für Kies- und Sandabbau. Mit einem Flächennutzungsplan kann die Gemeinde steuern, auf welchen Flächen im Ort ein Sand- und Kiesabbau zulässig ist, der jedoch nicht ausgeschöpft werden muss, während das übrige Gemeindegebiet außen vor bleibt. Die Ausweisung von Konzentrationsflächen ist ein Instrument der Gemeinde im Rahmen der vorbereitenden Bauleitplanung. Dazu wurde in der Gemeinderatssitzung vom Bauamtsleiter Michael Fellner ein verbindlicher und juristisch belastbarer Kriterienkatalog bezogen auf die einzelnen Schutzgüter zum Beschluss vorgelegt. In diesem sind Ausschluss- und Restriktionskriterien aufgeführt, die einen Kiesabbau entweder auszuschließen oder einschränken durch die Festlegung von Pufferzonen und zusätzliche Abstandsflächen, die aus städtebaulichen oder landschaftlichen Gründen oder aus fachliche Empfehlungen und Vorgaben von Behörden, wie dem bayerischen Landesamt für Umweltschutz ergeben.
Der 1. Bürgermeiste Klaus Meixner erläuterte die Empfehlung der Experten nach dem Scoping-Termin beim Landratsamt Miesbach, eine differenzierte Betrachtung bei den Pufferabständen im Innen- und Außenbereich vorzunehmen. Um insbesondere das Gut Mensch vor Lärm und Staub zu schützen, empfehlen sie in ihrer Studie einen Zusatzabstand von 100 m zu Wohnflächen und 50 m zu Weilern und Gehöften. Damit würden sie aus fachlicher Sicht die ausgeprägten Weiler- und Gehöftestruktur der Gemeinde Irschenberg ausreichend berücksichtigen und gleichzeitig vor Gericht bei einer Klage Bestand haben. Die Forderung, den Abstand auf 150 m zu erhöhen, wie es der Gemeinderat Florian Kirchberger (FDP/Aktive Bürger) empfahl, wurde im Gremium ausführlich diskutiert. Dabei war vielen wichtig, eine rechtliche belastbare Grundlage für das gesamte Gemeindegebiet für die Zukunft zu schaffen, die auch die Bedürfnisse der nachfolgenden Generationen berücksichtigt. Marinus Eyrainer, 2. Bürgermeister (Freie Wählergemeinschaft Irschenberg), machte deutlich, dass mit einer überzogenen Forderung, die vor Gericht keinen Bestand haben könnte, nichts erreicht wird, außer den Unternehmer noch weiter hinzuhalten und womöglich zu brüskieren. Ihm erschien es wichtig, gemeinsam Lösungen mit dem regionalen Unternehmen zu finden und nicht sein Wohlwollen aufs Spiel zu setzen, da man mit ihm noch über Jahre zusammenarbeiten muss. Daraufhin beschloss der Gemeinderat mehrheitlich den verbindlichen Kriterienkatalog zum Schutz der Menschen, der Natur und der Landschaft mit drei Gegenstimmen.