Tag des offenen Denkmals in Reichersdorf

Allerheiligenkapelle in Reichersdorf

Großes Interesse an Tag des offenen Denkmals in Reichersdorf

Über 500 € Spenden für Kapellendach gesammelt

Geheimnisvoller Erdstall faszinierte Besucher

 

Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz rief wieder bundesweit zum „Tag des offenen Denkmals“ auf. Heuer zum zweiten Mal mit dabei war der beschauliche Ort Reichersdorf in der Gemeinde Irschenberg. Weit über 100 Besucher waren beeindruckt von den Führungen durch Kapelle und Erdstall.

 

Allerheiligenkapelle im Mittelpunkt

Schon von weitem ist der markante ovale Bau im Norden des Dorfes sichtbar. Nicht gleich auf den ersten Blick ist erkennbar, dass es sich dabei um eine Kapelle handelt. Denn normalerweise sind die Türen verschlossen. Doch letzten Sonntag waren sie anlässlich des Tages des offenen Denkmals geöffnet.

Viele Besucher nutzten die Gelegenheit und tauchten mit Josef Hatzl, Heimatforscher vom Förderverein Kultur und Geschichte in Weyarn e.V., in deren wechselvolle Geschichte ein. „Im Jahr 1640 wurden beim Brunnengraben in Reichersdorf unterirdische Gänge entdeckt. Dem Wasser und Erdreich aus den Gängen wurden heilende Kräfte nachgesagt, deshalb ließ der Weyarner Probst Valentin Steyrer über dem Erdstall im Jahr 1644 die Allerheiligenkapelle errichten“, so Hatzl.

In der Kapelle steht auch ein besonders kostbarer barocker Altar, der, corona sanctorum omium, allen Heiligen gewidmet ist. Die Vielzahl der Heiligen wurden von Hatzl ebenso erklärt, wie die damalige Hierarchie der Kirche: „Die heiligen Frauen sind relativ weit unten angesiedelt. Die männlichen dagegen allesamt darüber. Noch weiter unten als die Frauen seien lediglich die Armen Seelen im Fegefeuer zu finden“. Schmunzelnd nahmen die zahlreichen Anwesenden das zur Kenntnis. Ebenso wie zahlreiche weitere Anekdoten, die Hatzl in seinen kurzweiligen Ausführungen zu berichten wusste.

 

Besucher erkunden auch Erdstall

Selbstverständlich wollten die Besucher anschließend auch in den unter der Kapelle liegenden Erdstall schauen. Das Gangsystem in etwa 5 Meter Tiefe ist, obwohl sehr gut erforscht, immer noch ein Rätsel. Unklar ist nach wie vor die damalige Verwendung. „Viele Mythen ranken sich um diese Erdställe“, so Kathleen Ellmeier aus Reichersdorf. „Der Begriff „Erdstall“ bedeutet „Stätte unter der Erde“ und hat nichts mit einem Kuhstall zu tun“, so Ellmeier. Heute gehe man davon aus, dass es sich hier um sogenannte Seelen-Höhlen handele und in frühchristlicher Zeit die Gänge dafür vorgesehen waren.

Wer keine Taschenlampe dabeihatte, dem konnte es in dem über 1000 Jahre alten Bauwerk schon mal ein bisschen unheimlich werden. Im Erdstall gabs auch eine bildliche Darstellung der hl. Barbara zu sehen. Die Originalfigur aus Tuffstein befindet sich wohlbehütet im Archiv des Heimatmuseums Miesbach.  

Jung und Alt erkundeten die Gänge und viele warfen anschließend auch noch einen Blick in die benachbarte St. Leonhards-Kirche. Hier gabs den Flügelaltar des bekannten Künstlers Erasmus Grasser zu sehen.

Gerne tauschte man sich noch im Schatten der Bäume über das Gesehene aus. Die Besucher genossen den Nachmittag bei bestem Wetter und waren begeistert von den kulturellen Besonderheiten im kleinen Ort Reichersdorf und spendeten 523 € zur Restaurierung vom Dach der Allerheiligenkapelle.

Die nächste Gelegenheit für einen Besuch bietet die jährlich stattfindende Leonhardifahrt. Am zweiten Sonntag im Oktober, heuer der 8. Oktober, beginnt hier der Reigen der Leonhardifahrten im Landkreis.

 

Foto von Kathleen Ellmeier, Reichersdorf